"Und was ist deiner Meinung nach die Wahrheit... im Sinne von Lenin? Kann man das denn heute noch so..." - "Die Wahrheit... die Wahrheit... Die Wahrheit ist, dass hier die Verunstaltung zum Gebet wird." - "Kannst du das ein bisschen genauer definieren?" "Die Wahrheit ist, dass ich keinen Traum mehr habe. Ich habe an Lenin geglaubt. Wenn ich jetzt zugeben müsste, dass Lenin nicht recht hatte, sondern dieser schmarotzerische Pöbel, der sich hier breit macht, dann hat das Leben keinen Sinn mehr für mich." - "Du bist eine große Ausnahme. Es gibt kaum jemanden, der sich durch die Öffnung der Mauer so persönlich angegriffen fühlt wie du. Hat es vielleicht auch damit zu tun, dass die westdeutschen Verlage seit geraumer Zeit deine Manuskripte ablehnen?" - "Glaubst du im Ernst, das tangiert mich?" thx Cloud
"Wo waren wir stehen geblieben?" - "Du hast als letztes gesagt, dass man dich im kommunistischen Teil Deutschlands als Autorin viel mehr schätzt als im Westen und dass du nicht begreifen kannst, was hier im Moment vor sich geht." - "Für mich ist das ganze ein ziemlicher Tiefschlag. Ich bin sehr deprimiert. Jetzt frisst die Konsumgesellschaft uns alle." - "Ich verstehe sehr genau was du meinst, aber... es wird ein paar wenige geben, die übrig bleiben, meinnst du nicht?" - "Ich weiss nicht. Ich weiss nicht, ob mich das jetzt noch interessiert. Mich macht es krank, zu sehen, wie diese Einheitsmenschen sich hier breit machen, es ekelt mich an, wie die in den Unterhosen wühlen, wie die raffen. Mir ist jetzt erst schlagartig die deprimierende Wahrheit bewusst geworden, dass die für Mon Cheri-Pralinen kämpfen, und damit sie sich West-Tampons, Colaflaschen und Bananen in ihre Fotze stopfen können. Die kämpfen doch nicht im Sinne von Lenin für die Wahrheit. Diese Menschen haben doch jede Achtung und Selbstachtung verloren!" thx Cloud